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SZ-Trendmeter: Meinungsmache statt Meinungsumfrage

Mit ihrer Umfrage "SZ-Trendmeter", die in den letzten Tagen ihren Weg in bundesdeutsche Briefkästen fand, setzt die Süddeutsche Zeitung neue Maßstäbe bei der Meinungsmanipulation. Mit dem Lockangebot die "Sueddeutsche" für vier Wochen zu testen stellt die SZ unter der Überschrift "Ihre Meinung zählt!" fünf zumeist manipulative Fragen und gibt zur Sicherheit auch noch die Antworten vor. Beispiel:

5. Immer mehr erfolgreiche und profitable deutsche Unternehmen planen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Woran liegt es Ihrer Meinung nach?
() Zu hohe Lohnkosten () Zu hohe Steuern () Zu viel Bürokratie
Was für Leute möchte der SZ-Leserservice damit ansprechen? Jeder ansatzweise kritische Denker wird sich hiervon bevormundet fühlen. Jeder, der sich zu dem Thema schon einmal Gedanken gemacht hat, wird empört sein, dass alle drei Antworten einem politischen Erklärungsmuster entspringen.

Hat die SZ-Redaktion ("[...] unterstüzten Sie unsere Redaktion, indem Sie uns mitteilen, was Sie vom Jahr 2007 erwarten.") noch nicht von folgenden Gründen gehört?
  • Subventionierung von Standortverlagerungen ins Ausland

  • Die europaweite Vereinheitlichung in Steuer- und Sozialpolitik ist noch nicht weit genug fortgeschritten

  • Die Umweltkosten des weltweiten Handels werden nicht internalisiert und deshalb ist dieser viel zu günstig im Verhältnis zu den tatsächlich entstehenden (insbes. ökologischen) Kosten. Dadurch lohnt es sich z.B. Krabben zum Pulen nach Algerien zu fliegen.

  • Die Liberalisierung des Welthandels hat zu extremer Freizügigkeit von Unternehmen geführt, s.d. die globalisierte Wirtschaft die nationalen Politiken an der Nase herumführt. Davon haben auch die Niedriglohnländer nichts, da sie auch Teil der sozial-ökologischen Abwärtsspirale sind.

  • Es ist fraglich, ob eine Produktionsverlagerung in dem Maße wie es die Medien darstellen gibt. Unternehmen über teilweise allein durch die Androhung der Verlagerung Druck auf die Politik aus. Zumindest die CDU/CSU musste eingestehen, dass die täglich 1000 verlagerten Arbeitsplätze als Argument im letzten Bundestagswahlkampf eine Erfindung waren und es keine verlässlichen Zahlen gibt.
Ich werde also weiterhin Heribert Prantl Lesen, wenn er mir unterkommt, ansonsten aber die Annäherung der SZ an die FAZ von Ferne beobachten. Die ganze Umfrage und weitere Kommentare erhältst Du per ...
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SZ-Trendmeter (Januar 2007):

1. Glauben Sie, dass sich der konjunkturelle Aufschwung der letzten Monate im Jahr 2007 weiterhin fortsetzt?
() Ja () Nein () Weiß nicht

2. Wird es Angela Merkel schaffen, unter den aktuellen politischen Bedingungen ihre Legislaturperiode zu überstehen?
() Ja () Nein () Weiß nicht

3. Eine der zentralen Zielsetzungen der Großen Koalistion ist es, das Gesundheitssystem zu reformieren. Wird das der Bundesregierung gelingen?
() Ja () Nein () Weiß nicht

4. Sind Sie der Meinung, dass die Einführung des Elterngeldes einen nachhaltigen Effekt auf die Geburtenrate in Deutschland haben wird?
() Ja () Nein () Weiß nicht

5. Immer mehr erfolgreiche und profitable deutsche Unternehmen planen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Woran liegt es Ihrer Meinung nach?
() Zu hohe Lohnkosten () Zu hohe Steuern () Zu viel Bürokratie

6. Welches Land wird die deutsche Außenpolitik im Jahr 2007 am meisten beschäftigen?
() Afganistan () Israel () Irak

Zu Frage 1: Die Frage ist letztlich in ihrer Allgemeinheit völlig belanglos. Denn z.B. die Antwort “Nein” könnte gegeben werden, weil man den Aufschwung für einen Mitnahmeeffekt vor Erhöhung der MWSt. sieht oder weil man meint, dass die langfristige Massenarbeitslosigkeit dies nicht zulässt oder weil man meint die “Reformen” der Regierung seinen nicht konsequent genug. Meiner Meinung nach ist sogar die Frage an sich falsch, da die Vorraussetzungen nicht zutreffen. Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes hat z.B. der Einzelhandel in Deutschland im November 2006 real 0,5% weniger umgesetzt als im November 2005 (via NachDenkSeiten).

Zu Frage 3: Hier wird nicht definiert, was unter “Gelingen der Reform” verstanden wird: Ist es die Stabilisierung der Ausgaben? Ist es die Verbesserung für die Patienten? Ist es die von der Wirtschaft geforderte Stabilisierung bzw. Senkung der Lohnnebenkosten? Die gegebenen Antworten sind deshalb auch aufgrund des möglichen Interpretationssprekturms aussagelos.

Zu Frage 6: Na komm', welches Land ist da rechts vom Irak auf der Weltkarte? Das kommt doch jetzt auch immer in den Nachrichten vor! Das hätte ich gerne genommen. Und der Hetzer-vom-Dienst Steingart hat neulich von einem Land geschrieben, dass uns demnächst fertig machen wird. Vielleicht ja schon 2007? Und dann ist da noch das Land mit den ganz vielen Waffen, das mit den Soldaten überall auf der Welt. Also das, das hat doch überall seine Finger drin und kommt noch viel mehr vor. Bestimmt auch in diesem Jahr.

Die Projektleiterin Leserbefragung Carolin Steglitz, auf deren Kappe diese Umfrage geht, ist auch schon früher negativ aufgefallen.

[Ergänzung | 22.01.07. ]:

SZ lässt sich ein Fest in Berlin sponsern

Gunter Haug wird auf den NachDenkSeiten damit zitiert, dass sich die Süddeutsche Zeitung ein Fest in Berlin hat von diversen Firmen sponsoren lassen. politischer! meint, dass eine Zeitung, die unabhängig sein will, soetwas nicht machen kann. Haug kritisiert zurecht die Widersprüchlichkeit der SZ-Berichterstattung über Bestechlichkeit anderer.

Bislang keine Gastbeiträge: